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Apps und Lerntheorie – Didaktische Ansätze für mobiles Lernen
24. August 2022
6 Minuten Lesezeit
Michael Huss
24. August 2022
6 Minuten Lesezeit
Michael Huss
Apps und Lerntheorie – Didaktische Ansätze für mobiles Lernen
In den großen App-Stores existieren inzwischen mehr als 100.000 verschiedene Lern-Apps. 2020 wurden im Apple App Store und Google Play Store insgesamt fast eine Milliarde Mal Lern-Apps heruntergeladen. Doch wie sieht es mit dem lerntheoretischen Hintergrund von Lern-Apps aus? „Wirkt“ mobiles Lernen nachhaltig?
Mobiles Lernen ist heute allgegenwärtig
Jeden Tag werden heute mehrere Millionen sogenannte Lern-Apps aus den großen App-Stores heruntergeladen. Kinder wachsen oft von der Grundschule an (oder sogar früher) mit Lern-Apps auf dem Handy oder Tablet auf. Für etliche Studenten gehören Lern-Apps spätestens bei der Prüfungsvorbereitung zum obligatorischen Handwerkszeug. Auch immer mehr Firmen und andere Institutionen setzen auf Apps zur Vermittlung von Wissen und Informationen. Dabei werden entweder kommerziell vorhandene Apps für den eigenen Zweck angepasst oder auch neue Apps individuell entwickelt. Ähnlich heterogen ist die Preisstruktur der Angebote: Oftmals existieren kostenlose Angebote neben kostenpflichtigen Apps, die entweder als Kauf oder fortlaufendes Abonnement angeboten werden.
Sieht man sich das Angebot an, lassen sich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) folgende Arten von Lern-Apps identifizieren:
* Aufgrund der Übersichtlichkeit verzichten wir in den obenstehenden Karten auf eine Doppelnennung sowie auf gegenderte Bezeichnungen.
Vorteile mobilen Lernens
Die Vorteile mobilen Lernens liegen auf der Hand. Anstatt nur im Klassenraum, am heimischen PC oder im Büro wird der Lernraum nun praktisch auf fast jeden Ort (mit Internetzugang) erweitert. Damit kehrt der Mensch gewissermaßen wieder zu seiner „natürlichen“ Art des Lernens zurück, welche in vorindustrieller Zeit stets alle Orte umfasste, an denen Menschen sich aufhielten. Hier kommen insbesondere auch neue KI-Assistenzsysteme zum Tragen, welche in immer mehr Lern-Apps zum Einsatz kommen. Im beruflichen Umfeld sind hier vor allem KI-basierte „Performance Support“-Ansätze relevant. Diese ermöglichen es Lernern, während der Arbeit vor Ort Unterstützung zu bekommen und somit besonders effektiv zu lernen (bspw. in Form von Augmented Reality Apps, welche einem Mechaniker Tipps und Informationen quasi „live“ während seiner Reparaturarbeit bieten können).
Ein weiterer Vorteil des Lernens mittels Handy und Tablet ist die niedrige Hemmschwelle der Nutzung. Praktisch jeder hat heute zumindest ein Handy mehrfach täglich in der Hand. Der Schritt zur Nutzung einer Lern-App ist somit stets nur wenige Klicks bzw. Sekunden entfernt. Klassisches Lernen am Schreibtisch hingegen erfordert eine vergleichsweise hohe räumliche und zeitliche Disziplin. Insbesondere junge Menschen empfinden längeres Lernen an einem festen Ort oft als anstrengend und wenig motivierend. Mobile Lernansätze haben hier die Chance, eine deutlich erhöhte Regelmäßigkeit des Lernens zu erzielen.
Nicht nur in Entwicklungsländern zahlt sich ein weiterer Vorteil aus: mobiles Lernen erfordert in der Regel weniger und preiswertere Hardware. Schon mit einem günstigen Handy stehen die meisten Lern-Apps zur Verfügung. Damit zusammen hängt auch ein weiterer Trend: „bring your own device“. Zahlreiche Unternehmen, aber auch Schulen, Universitäten und andere Organisationen erlauben die Integration eigener (Mobil-)Geräte in die vorhandene Netzwerklandschaft. Dadurch wird zum einen unnötige Redundanz reduziert, zum anderen ist die Hemmschwelle zur Nutzung des eigenen, gewohnten Geräts zumeist niedriger.
Nachteile mobilen Lernens
Den zahlreichen Vorteilen mobilen Lernens stehen jedoch auch eine Reihe von Nachteilen gegenüber, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Gerade Handys haben gegenüber klassischen Lernmedien (wie Büchern, aber inzwischen auch Lernprogrammen auf dem PC) einen relativ hohen Ablenkungsfaktor. Nicht selten blinken und bimmeln im Minutentakt Nachrichten und andere Meldungen, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es ist bekannt, dass Lerner nach einer Störung mehrere Minuten brauchen können, um sich wieder auf das Lernthema zu konzentrieren. Selbst wenn derartige (externe) Nachrichten während der Nutzung einer Lern-App unterdrückt werden, bleibt das Handy (seltener auch das Tablet) gewohnheitsmäßig ein Gerät mit hohem Störfaktor, welches eine geringe Aufmerksamkeitsspanne „fördert“. Dieser Charakter des Mobiltelefons könnte unterbewusst in das Lernverhalten eingehen und vor allem längere, konzentrierte Lernsequenzen erschweren.
Einen ähnlich negativen Effekt auf den Lernerfolg haben überstimulierende (visuelle und akustische) Effekte, welche von vielen Lern-Apps eingesetzt werden. Was auf den ersten Blick bunt, dynamisch und spannend wirkt, hat nicht selten eine eher nachteiligen Wirkung auf den langfristigen Lernerfolg. Zwei weitere Nachteile sind technisch bedingt: Zum einen die geringe Bildschirmgröße bei Handys (dies ist weniger relevant bei Tablets), zum anderen eine oft benötigte stabile Internetverbindung. Nicht zuletzt bleibt Lernen auf Handy und Tablet – selbst bei neuen Ansätzen wie Augmented Reality – eine indirekte, „künstliche“ Erfahrung von Lerninhalten. Während dies bei einem Vokabeltrainer noch wenig ins Gewicht fällt, macht es jedoch einen deutlichen Unterschied, ob man den Wald vor Ort erkundet oder aber eine Lern-App zum Thema aufruft.
Erste Ergebnisse aus der Lernforschung
Aktuell gibt es noch überraschend wenige empirische Ergebnisse zu den Vorteilen wie auch negativen Folgen von Lern-Apps. Erste kursorische Untersuchungen von beliebten Lern-Apps für Kinder kamen zu ambivalenten Ergebnissen. Oftmals waren diese Apps zwar aufwändig und auf den ersten Blick kindgerecht gestaltet. Ob jedoch ein nachhaltiger Lerneffekt erzielt werden kann, wird kontrovers diskutiert. Kritikpunkte waren hier vor allem willkürlich eingesetzte spielerische Elemente („Gamifizierung“), unzureichende Erklärungen, mangelnde Rückmeldungen zum Lernstand und fehlende systematische Wiederholungen. Erfolgreich absolvierte Aufgaben suggerieren oftmals eher einen Lernerfolg als ihn tatsächlich zu belegen. Tendenziell scheinen minimalistische, fokussierte Lern-Apps mit klaren Anweisungen und ebenso klaren Rückmeldungen zum Lernstand erforderlich, um ein nachhaltiges Lernergebnis zu erzielen.
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